Donnerstag, 26 Juni 2025 16:59

Schnelle Hilfe bei Brustschmerzen rettet Leben

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Brustschmerzen schnell erkennen und handeln Brustschmerzen schnell erkennen und handeln Foto: pixabay

Brustschmerzen können auf eine lebensgefährliche Erkrankung hinweisen. In Deutschland gibt es ein flächendeckendes Netz an spezialisierten Abteilungen zur schnellen Diagnostik: die Brustschmerz-Einheiten in Kliniken, auch bekannt als Chest Pain Units. Bei Symptomen wie Engegefühl oder Schmerzen im Brustkorb sollte sofort der Rettungsdienst unter der Notrufnummer 112 alarmiert werden.

Herzinfarkt-Risiko laut Voigtländer besonders hoch

Plötzlich auftretende starke Brustschmerzen sind ein typisches Anzeichen für einen Herzinfarkt. Prof. Dr. Thomas Voigtländer, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung, warnt vor jeder Verzögerung. Wenn Betroffene oder Angehörige zögern, verringert sich die Überlebenschance drastisch. Jede Minute zählt.

Beim Herzinfarkt ist eines der Herzkranzgefäße verschlossen. In der Folge stirbt Herzmuskelgewebe ab. Je mehr Zeit vergeht, desto größer ist der Schaden. Wird die betroffene Person nicht schnell behandelt, kann es zu gefährlicher Herzschwäche oder Kammerflimmern kommen. Letzteres führt innerhalb von Sekunden zum Herzstillstand. In solchen Fällen ist eine sofortige Herzdruckmassage und – wenn verfügbar – der Einsatz eines externen Defibrillators lebensrettend.

In Deutschland werden jährlich rund 190.000 Menschen mit Herzinfarkt in Kliniken aufgenommen, darunter 129.000 Männer und 61.000 Frauen. Viele dieser Notfälle ereignen sich zu Hause. Umso wichtiger ist es, schnell und richtig zu handeln: Notruf wählen, Wiederbelebung beginnen, Defibrillator nutzen.

Stefan Blankenberg warnt vor Selbstanreise

Bei akuten Schmerzen im Brustbereich darf der Transport ins Krankenhaus niemals mit dem eigenen Auto oder einem Taxi erfolgen. Prof. Dr. Stefan Blankenberg vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) betont: Die Fahrt soll ausschließlich durch den Rettungsdienst erfolgen, damit die medizinische Versorgung sofort beginnen kann.

Patientinnen und Patienten sollten den Verdacht auf einen Herzinfarkt am Telefon klar äußern. Zusätzlich rät Blankenberg dazu, gezielt nach einer Klinik mit zertifizierter Brustschmerz-Einheit (CPU) zu verlangen. Das erhöht die Überlebenschancen, da dort sofortige Diagnostik und Behandlung möglich sind.

Vor allem Menschen mit Herzrisiko sollten den nächstgelegenen Standort einer CPU kennen. Wer eine Reise plant, sollte sich im Voraus über die nächstgelegene Klinik mit kardiologischer Abteilung informieren. Auf der Webseite der Herzstiftung gibt es eine Suchfunktion für CPUs und Notfallambulanzen in Deutschland.

Symptome und typische Beschwerden

Ein Herzinfarkt macht sich oft durch mehrere Warnzeichen bemerkbar. Dazu gehören:

  1. Starke Schmerzen in der Brust, die länger als fünf Minuten anhalten

  2. Ausstrahlung der Schmerzen in Arme, Rücken, Oberbauch, Kiefer oder Schulter

  3. Gefühl von Enge, Druck oder Brennen im Brustkorb

  4. Atemnot, Übelkeit, Schwäche oder Kaltschweiß

Vor allem Frauen sowie ältere Menschen und Diabetiker zeigen häufig untypische Symptome. Bei ihnen steht das Engegefühl im Vordergrund, oft verbunden mit Schmerzen im Oberbauch oder Rücken. Diese können leicht mit Magenbeschwerden verwechselt werden. Auch deshalb gilt: Lieber einmal zu viel als einmal zu wenig den Notruf wählen.

Raphael Twerenbold leitet spezialisierte CPU in Hamburg

Die CPU am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf wird von Prof. Dr. Raphael Twerenbold geleitet. Er betont die Bedeutung der schnellen Abklärung, denn neben Herzinfarkten müssen auch andere lebensbedrohliche Diagnosen ausgeschlossen werden.

Zu den drei wichtigsten Ursachen akuter Brustschmerzen gehören:

  • Herzinfarkt

  • Lungenembolie

  • Aortendissektion (Einriss der Hauptschlagader)

Diese Erkrankungen äußern sich oft durch ähnliche Symptome. Die Gefahr einer Verwechslung ist groß. Deshalb ist eine umfassende Diagnostik notwendig, die in der CPU ohne Zeitverlust erfolgen kann.

Moderne Ausstattung in über 380 Einheiten bundesweit

In Deutschland gibt es derzeit über 380 zertifizierte Brustschmerz-Einheiten. Sie sind mit modernster Technik ausgestattet und stehen 365 Tage im Jahr, rund um die Uhr, bereit. Die wichtigsten Diagnoseverfahren umfassen:

  • 12-Kanal-Elektrokardiogramm (bereits im Rettungswagen durchgeführt)

  • Blutuntersuchung auf Troponin-Werte

  • Herzultraschall

  • Computertomographie (bei Verdacht auf Aortendissektion)

Jede CPU verfügt über eine 24-Stunden-Bereitschaft für Herzkatheter-Untersuchungen. Diese ermöglichen eine sofortige Behandlung bei einem akuten Gefäßverschluss. Zusätzlich führen geschulte Teams gezielte Gespräche mit dem Patienten, um Vorerkrankungen und Symptome präzise zu erfassen.

Auch an Feiertagen verfügbar

Der Betrieb der CPUs erfolgt auch an Wochenenden, Feiertagen und nachts ohne Einschränkungen. Prof. Voigtländer weist darauf hin, dass es keinen Grund zur Scheu gibt, auch an Weihnachten oder Silvester den Notruf zu wählen.

Die Deutsche Herzstiftung bietet umfangreiche Informationen rund um Herzinfarkte, Erste Hilfe und Standorte der CPUs. Ein kostenloses Probeexemplar der Zeitschrift „HERZ heute“ mit Erfahrungsberichten und Fachbeiträgen kann online angefordert werden.

Übersicht: Was tun bei Brustschmerzen?

Checkliste für akute Maßnahmen:

  • Sofort Notruf 112 wählen

  • Schmerzart und Dauer genau beschreiben

  • Verdacht auf Herzinfarkt äußern

  • Keine Selbstanreise ins Krankenhaus

  • Wenn möglich: Defibrillator einsetzen

  • Notfallstandort einer CPU kennen

Schnelles Handeln rettet Leben. Die medizinische Versorgung in spezialisierten Brustschmerz-Einheiten ist flächendeckend organisiert und jederzeit erreichbar. Herzinfarkt, Lungenembolie oder Aortendissektion – bei jedem Verdacht zählt jede Sekunde.

Quelle: NEWS IDW